„Textil macht man mit Herz“

Ortsverband der GRÜNEN bei Zweigart & Sawitzki

29.08.18 –

Textilindustrie verbindet man üblicherweise mit Fernost und vor allem mit schlechten Arbeitsbedingungen. Dass Textilindustrie auch anders gehen kann und wie das vor unserer Haustüre aussieht, erfuhren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer Betriebsbesichtigung kürzlich beim Traditionsunternehmen Zweigart & Sawitzki in Sindelfingen. Sie begann im haus-eigenen kleinen Museum und führte dann durch die Produktion.
Die interessante Betriebsgeschichte stellte Prokurist Belz in seiner Einführung vor: 1877 übernahmen Paul Zweigart und Julius Sawitzki eine Weberei in Stuttgart und verlegten den Firmensitz nach Sindelfingen, wo Webereien schon seit dem 16. Jahrhundert heimisch waren und ab dem 18. Jahrhundert an Bedeutung gewannen.
Das Unternehmen, auch heute noch in Familienbesitz, beschäftigt ca. 100 Mitarbeiter. Für die Textilmechaniker mit einer 3-jährigen Ausbildungsdauer, bedeutet dies heute hauptsächlich die Überwachung der meist vollautomatisch laufenden Maschinen. „Wir arbeiten im Zwei-Schicht-Betrieb, aber nicht im Akkord,“ erläutert Belz. „Die Maschinen geben den Takt vor.“

Ständige Marktbeobachtung, immer auf der Suche nach Nischen, in denen man teilweise Weltmarktführer ist, sichern den langfristigen Erfolg der Firma bis heute. Als einer der wenigen vollstufigen Produktionsbetriebe in Europa, sind bei Zweigart alle Schritte vom Entwerfen übers Weben, Färben und Veredeln unter einem Dach. Über 70% der Produkte werden exportiert, vom Inland allein kann man heute nicht mehr leben. Hier werden jeden Tag aus erlesenen Rohstoffen tausende Meter Stoff produziert, hochwertige Objekttextilien, Handarbeitsgewebe, Leinenstoffe sowie technische Gewebe und Dekorationsstoffe, neuerdings auch lebensmittelechte Produkte.
Verarbeitet werden zu 80% Naturfasern, dazu viele Gewebe in B1-Qualität, d.h. schwer entflammbar, die vor allem im Produktbereich eingesetzt werden, also in Alten- und Pflegeheimen, öffentlichen Gebäuden, der Gastronomie und in Veranstaltungshäusern.

Auch umweltfreundliches Arbeiten erfordert ständige Anpassungen und fördert Neuentwicklungen. So werden in der Produktion mikrofeine Fussel abgesaugt und über ein Wasserbecken gereinigt. Das dabei eingesetzte feine Filtergewebe wird selbst produziert. Die rückgewonnene Wärme kommt in der Färberei wieder zum Einsatz.
Die Interessierten erfuhren außerdem viel über den heutigen Einsatz von Textilien, die entsprechend veredelt im Auto- und Flugzeugbau eingesetzt werden, wo sie geringes Gewicht mit enormer Belastbarkeit verbinden. Die Textilforschung ist im Dämm- und Schallschutz aktiv. Für Gesundheitssysteme werden antibakterielle Gewebe entwickelt.

Einen wichtigen Aspekt in der erfolgreichen Firmengeschichte sieht Belz in der engen Verbundenheit der Mitarbeiter zur Firma. „Hier arbeiten viele Mitarbeiter sogar in der 2. und 3. Generation“. Auch die Rentner halten immer noch Kontakt bei regelmäßigen Treffen, die die Firma anbietet. Diese Pflege der Belegschaft hat eine lange Tradition. Mina Zweigart, die nach dem Tod ihres Mannes die Firma weitergeführt hatte, unterstützte während des 1. Weltkrieges die Familien der im Krieg eingezogenen Soldaten und bekam dafür von der Stadt Sindelfingen die Ehrenbürgerwürde.

Aber dass man Textil vor allem mit dem Herzen macht, zeigte sich den TeilnehmerInnen hautnah beim Besuch des angeschlossenen Fabrikverkaufs. Auf 600 qm Fläche ist alles zu bekommen, was das Herz fürs Handarbeiten begehrt – Kissen zum Selbstbemalen, Stoffe in allen erdenklichen Farben und Größen, Zubehör, Garne, Frotteeware als Torte dekoriert und vieles mehr. Ideenhefte inspirieren bei der Auswahl und regelmäßige Workshops unterstützen bei der Umsetzung. Langjährig Erfahrene finden hier neue Anregungen, Kinder und Jugendliche werden „auf den Geschmack gebracht“. Tischdecken können für jedes beliebige Tischmaß angefertigt werden. In einem waren sich alle TeilnehmerInnen einig, dass „sie sich das so nicht vorgestellt hatten und viel dazu gelernt hätten.“ Und dass man bald wieder in den Fabrikverkauf kommen werde, „um mal wieder was Kreatives zu machen.“ 

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